Erstflug


 

Vierter März 2007, 4059 Stunden seit Baubeginn, Lady Godiva ist fertig zur Inspektion.

Rolf Hankers, einer der Ersten, die Deutschland eine RV4 gebaut haben, hat zugesagt, den Erstflug zu machen. Er hat hunderte von Stunden mit seiner EFFI auf dem Buckel, hat mit ihr die Deutsche Kunstflugmeisterschaft gewonnen, ist professioneller Testpilot und Ingenieur, der die RV4 strukturell komplett nachgerechnet hat und ein wirklich netter Kerl. Wem sonst sollte ich meine Lady anvertrauen?

Ich selbst habe keine großartige Erfahrung auf Spornradflugzeugen und bin für diesen Job denkbar ungeeignet.


 

Nach einer gründlichen Vorflugkontrolle schwingt Rolf sich 'rein.


 

Rollversuche.

Rolf sagte zu mir: " Ich mach mal ein paar Taxitests und komm dann zurück"

OK


 

...aber nach 2 Rollversuchen heulte der Motor auf, ich sah das Spornrad hochkommen, und....


 

...Rolf hob ab. Mit Rolf hob das längste, teuerste, schönste, wertvollste, anstrengendste und überhaupt unübertroffenste Bauwerk meines Lebens ab....


 

Ich war wie in Trance, raffte nicht was da vor meinen Augen geschah. Dutzende Freunde waren da, alle gratulierten, ich war verspannt, wollte nichts hören bis beide sicher zurück waren, rauchte Eine nach der Anderen, fühlte eine große Leere und einen Riesenstolz, war total fickerig, schwitzte wie blöde (es war März), versuchte dem glitzernden Etwas mit den Augen zu folgen, hörte gespannt nach dem Funk, konzentrierte mich auf das Motorengeräusch nachdem der Flieger verschwunden war, mir schossen 1000 Dinge durch den Kopf, es war ein einmaliger Augenblick in meinem Leben. Ich musste erst mal Andrea drücken, war alles etwas viel für den kleinen Flugzeugbauer.....

 


 

...sie stieg völlig ungewohnt für alle Zuschauer wie ein Segelflugzeug beim Windenstart....


 

...brummte sonor über unsere Köpfe....


 

...und verschwand in ihrem Element, ausgerechnet jetzt fällt mir das ewige Fliegerlied von Reinhard May ein:

Meine Augen haben schon
Jenen winz'gen Punkt verloren.
Nur von fern klingt monoton
Das Summen der Motoren...

OK, wir haben nur einen Motor, aber der klingt monoton wie nichts auf der Welt.

Ich bin glücklich. Wirklich glücklich.


 

...als Beide zur Landung einschweben....


 

...und eine perfekte Dreipunktlandung hinlegen, sogar eher eine "Sporn zuerst Landung"....


 

....und auf den Rollweg abbogen....


 

...habe ich mit einem wirklich unbeschreiblichen Gefühl gemerkt, das aus den 10000 Teilen gerade ein Flugzeug geworden ist!

Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Alleinflug während der Flugausbildung (man macht ihn mittendrin, ohne Pilotenschein. So, als würde man beim Autoführerschein einen Fahrauftrag bekommen und alleine auf die Autobahn dürfen, Wochen vor der Fahrprüfung, also an sich schon komisch). Auch da hatte ich ein blödes Bild vor Augen: Die Szene aus dem Film "Titanic", also Leonardo DiCaprio vorne am Bug steht, die Arme ausbreitet und schreit "Ich bin der König der Welt!". Ich dachte damals, das es keine Steigerung mehr geben könne.

Alter Mann, was für'n Irrtum!


 

-"Was willst Du zuesrt hören, die guten oder die schlechten Nachrichten", fragte Rolf

-"Die Schlechten"

-"Dein Propeller hat zu wenig Steigung, dreht schon bei 140 Knoten 2700"

-"Was noch??"

-"Nichts, fliegt geradeaus, funktioniert alles bestens. Glückwunsch, hast Du gut gemacht!"

 


 

Rolf und ich, Sekunden nach der Landung.

Mann, was für ein Tag!!! 

Zehn Tage später war es dann an mir. Nach einigen Übungsrunden mit Georg hinten drin (ich bewundere bis heute seinen Schneid, sich hinter mich Grobmotoriker in die RV zu quetschen, ohne Gasgriff, ohne Seitenruder, ohne Möglichkeit einzugreifen, nur über Funk Anweisungen gebend.....war ne wilde Nummer, ich brauchte die ganze Breite der Landebahn...) habe ich mich dann auf meiner Hände Arbeit freigeflogen. Die Landungen wurde von Mal zu Mal besser, und mittlerweile fühle ich mich zu Hause. Manchmal komme ich beim Landen immer noch bis Dienstag, Mittwoch, Donnerstag :o)